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Was hat der Bau eines Parkhauses mit der Anschaffung eines Hundes zu tun?

Es wuchs, die Abschweifung sei mir zu Beginn erlaubt, der Wunsch in Teilen der Familie, sich etwas anzuschaffen, was nicht nur für tägliche Mobilität sorgt, sondern auch eine gewisse Beachtung sichere,  mit welchem man sich sehen lassen kann, einem, nein keinem Auto, ich bitte Sie, einem  dieser kleinen, niedlichen, und treuen Begleiter  des Menschen, gemeint ist canis lupus domesticus, der gewöhnliche Haushund, das süße Hündchen. Jeder verband damit Visionen, die Kinder sahen den Spielgefährten, die Oma ein Objekt der bedingungslosen Zuwendung, welches ohne Widerworte alles über sich ergehen lässt, der Vater die Möglichkeit seinen pädagogischen Fähigkeiten endlich freien Lauf zu lassen, so ein gehorsames Familienmitglied  schaffend und, dies ist nicht ohne Bedeutung, dem Familienstress mit dem Hinweis zu entfliehen, dass der Hund nun Auslauf benötige. Sein Wunsch nach einem Hund nährte sich auch aus diesen einschlägigen Hundesendungen im TV die immer wieder darauf verwiesen, wie attraktiv und sympathisch hundeführende Personen wirkten.  Und so wurde aus dem Hund etwas, in das jeder seine eigenen  Wünsche legte. Nun damit haben wir die erste Gemeinsamkeit zur Beantwortung der obigen Frage gefunden. Auch an das Parkhaus in Ilmenau heften  Personen vielfältige Wünsche und Hoffnungen.  Die einen möchten, dass sich die Stadt damit an die Spitze der Thüringer Bewegung für Elektromobilität stellt und die ihr gebührende Beachtung fände, andere freuen sich über den vermeintlichen Neid der Nachbarstädte.  Es gibt die, welche vor sich eine leuchtende Zukunft mit wasserstoffdüsenden Fahrzeugen sehen und die mit profaneren Wünschen, etwa einfach nur auf unbezahlten Stellplatz am Bahnhof hoffend. Mancher wünscht sich bloße Anerkennung der Wählerschaft, gewisse auch schlicht und einfach die Fördermittel. Zurück zum Hund. Alle schwelgten in froher Erwartung, eine jedoch war weniger angetan. Wir sprechen von der Hausfrau. In kluger Vorausschau und Kenntnis der Wirklichkeit wusste sie, wer am Ende die Verantwortung tragen würde. Damit sind wir bei der zweiten Gemeinsamkeit. Auch  im Ilmenauer Stadtrat wurden Bedenkenträger ausgemacht, wenige nur, aber die, welche sie ausmachten hängen einer eigentümliche Logik an: eine Sache wird umso wahrer, je mehr Personen an sie glauben. Folgen wir diesem Verständnis, so ist der Weihnachtsmann eine wichtige, tatsächlich existierende Person der Öffentlichkeit, wohlmöglich von ungleich höherer Bedeutung  als ein Bürgermeister und, um im Bild zu bleiben, Ilmenau braucht ein Parkhaus, weil wir daran glauben. Die wiederum, welche dem schieren Glauben das Wissen um Zusammenhänge entgegensetzen wollen, haben, so die Sicht und die Strafe, schwer zu tragen an ihren Bedenken. Geschieht ihnen recht, würde mancher da murmeln. Auch die Familie machte es sich leicht. Warum der Unkerei der Mutter Beachtung schenken, die Familie teilte lieber die Kölnische Grundweisheit: Et hätt noch emmer joot jejange. (Es ist bisher noch immer gut gegangen.)Fand sich bei der zugelaufenen Katze nicht ein mitfühlender Nachbar, der für sie sorgte und fanden die Zierfische nicht den Weg ins Toilettenbecken und fand sich nicht auch für das defizitäre erste Ilmenauer Mobilitätszentrum nahe dem Zentrum an der vielbefahrenen Karl-Liebknecht-Straße ein Pächter?  Angesichts dieser massiven, von fröhlicher Unbedarftheit strotzenden Debatte griff die treusorgende Mutter zum letzten Mittel. „Den ganzen Ärger will ich gern ertragen“ sagte sie, „aber  denkt an die Kosten.“ Da aber hatte sie den entscheidenden Fehler begangen. Lachend wurde ihr entgegengehalten, das der Onkel, der liebe, den Kauf des Hundchens sponsere. Hier nun trifft erneut Erzählung auf Wirklichkeit, auch in das Mobilitätszentrum genannte Parkhaus fließen erhebliche Fördermittel und niemand kann den schwer an ihren Bedenken tragenden Stadträten die tatsächlichen Kosten nennen. Et kütt wie et kütt. (Es kommt, wie es kommt.), könnte man mit rheinischem Jeckentum rufen. Allerdings wie die Geschichte mit dem Hund ausgeht ahnen wir, wie das mit dem Parkhaus ausgehen könnte, wagen wir nicht einmal zu ahnen.

Karl-Heinz Mitzschke