START

„Schwerter zu Pflugscharen“ - zwischen ehrlichem Friedenskampf und Missbrauch

Laut MDR nahmen am Jenaer Ostermarsch 150 Menschen teil. Das ist leider nicht eben viel und das mitgeführte Transparent „Schwerter zu Pflugscharen!“ wurde allenfalls nebenbei erwähnt. Da fehlte mit Roland Jahn mindestens der 151. Teilnehmer, war der doch schon vor mehr als 30 Jahren mit dieser Losung durch das Stadtzentrum gezogen. Die damals gewiss nicht zufällig anwesenden Kameras von ARD und ZDF aber machen ebenso wie sein heutiges Schweigen zu Rüstung und Kriegsbeteiligung deutlich, dass es um etwas ganz anderes gegangen und die Forderung folglich gar nicht ehrlich gemeint war. Das bestätigt übrigens auch der einst wegen Verweigerung des Wehrdienstes in der NVA als „Vorzeige-Pazifist der DDR“ gefeierte und nun als Bundestagsabgeordneter der CDU die so schändlichen wie hochgefährlichen Kriegseinsätze rechtfertigende und verteidigende Pfarrer Eppelmann. Nicht vergessen werden darf zudem der die der UNO von der UdSSR geschenkte Plastik „Schwerter zu Pflugscharen“ gezeigt habende Aufnäher, mit dem die politische Führung der DDR nicht vernüftig umzugehen verstanden hatte: Zu dessen 30. Jahrestag ließ sich der einstige Jugendpfarrer der Evangelischen Landeskirche Sachsen, Harald Bretschneider, als dessen Erfinder feiern. Als Festredner hatte er prompt den damaligen Bundesverteidigungsminister und heutigen Innenminister Thomas de Maiziére erkoren. Pfarrer Bretschneider störte sich mit keiner Silbe an dessen Rechtfertigung und Verteidigung der alle bitteren Lehren aus den beiden bislang schlimmsten Katastrophen in der deutschen, europäischen und Weltgeschichte tagtäglich mit Füßen tretenden Kriegseinsätze. Solche als „friedensbewegt“ verbrämte antikommunistische Unehrlichkeit war 1982 ebenso in Ilmenau zu erleben gewesen: Beim von der FDJ organisierten Protestmarsch gegen die NATO-Hochrüstung suchte man Mitglieder jenes „kirchlichen Friedenskreises“ vergeblich. Man wolle sich nicht „vereinnahmen lassen“ hieß es zur Rechtfertigung und tat es in Wahrheit doch: Von Protesten gegen die in den bundesdeutschen Medien erfolgte Bejubelung als angeblich „unabhängige Friedensbewegung der DDR“ war nichts zu hören gewesen. Da freilich guten Gewissens ausgeschlossen werden kann, dass die auf den rechtssozialdemokratischen Bundeskanzler Helmut Schmidt zurückgehende, auf Fälschungen und faulen Tricks beruht habende „Entdeckung“ einer angeblichen „Raketenlücke“ auf Seiten der NATO jenen „Friedensbewegten“ unbekannt war, lässt sich nur eines schlussfolgern: Wie schon bei Roland Jahn ging es auch jenen unter dem schützenden Mantel der Kirchen auftretenden Kreisen nicht um die Sicherung des Friedens, nicht um den Kampf für allgemeine und vollständige Abrüstung. Es ging ihnen um den Missbrauch als Kampfmittel gegen die DDR im Dienste dessen, was seit Egon Bahr auch gerichtsmotorisch ist: „Die Politik der Bundesrepublik Deutschland war darauf gerichtet, die DDR zum Verschwinden zu bringen.“

 

Hans-Joachim Weise