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Fünfundzwanzig Jahre Deutsche Einheit: „Anlass zum Jubeln oder ein Trauerspiel?“
Dietmar Bartsch trug das LMG
Nein, so hieß die Veranstaltung mit Frank Schumann nicht, zu der Kreisvorstand und Stadtverband die Linke nach Ilmenau einluden. So etwas schreibt man nicht in eine Einladung, dass muss schon gediegen klingen: Fünfundzwanzig Jahre Deutsche Einheit: Anlass zum Jubeln oder ein Trauerspiel? Aber heißen, heißen hätte diese Veranstaltung durchaus so können, zu der etwa zwanzig Zuhörer darunter auch viele, die unserer Partei nur nahestehen und nicht Mitglieder sind, in den Hochhausklub Am Stollen gekommen waren. Oder auch: Als ich mit Distel Fußball spielte, oder..., nein genug. Schon im Vorfeld waren Befürchtungen geäußert wurden, die einen verwahrten sich dagegen, dass von Einheit gesprochen wurde, andere befürchteten eine ostalgische Sicht, oder einen langatmigen Politikvortrag. Nun nichts bewahrheitete sich, nicht einmal die Hoffnung, über das Thema zu debattieren. Es wurde eine verwirrende, aber unterhaltsame Reise durch das Leben des Vortragenden, und seine Publikationen. Immerhin war Frank Schumann der Publizist, der Margot Honnecker in ihrem Exil interviewen durfte und die Quintessenz des intensiven 40-stündigen Dialogs erschien im Frühjahr 2012 als Buch.
Bei diesem Besuch übergab die ehemalige Volksbildungsministerin ihm 400 Tagebuchseiten Erich Honeckers, die dieser während der 169 Tage Haft in der JVA Berlin-Moabit 1992/93 geschrieben hatte. "Letzte Aufzeichnungen. Für Margot", behauptete sich mehrere Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste unter den ersten zehn Titeln. Als Autor der Weltbühne während des Studiums, als Geschichtsredakteur der „Jungen Welt“, als Moderator des DDR Jugendfernsehens, als Publizist, der die Welt bereiste und hochrangige Persönlichkeiten interviewte, und als Mitarbeiter im Wahlbüro der PDS, verfügte er über eine Vielzahl interessanter Geschichtchen und die wollte er auch loswerden. So ging die Rede von der Beteiligung Diestels an der Einheit, über den Vergleich der Bildung heute mit der damaligen, dem Massaker von Katyn, der Rolle der DDR im System der sozialistischen Staaten, dem Familienleben von Lafontaine und Wagenknecht, bis hin zum Honecker Besuch in der Sowjetunion und dessen Furcht, dort verhaftet zu werden. Das sagte ihm Krenz später, so Schumann. Der Zuhörer konnte vieles vermissen, aber eines nicht, interessante Informationen. Am Ende überwog die Freude an dem kurzweiligen Vortrag gegenüber der Enttäuschung nichts zum Thema gehört zu haben. Ach so, die Geschichte mit Bartsch: Schumann war mit ihm gemeinsam in der Kampfgruppe und Dietmar Bartsch musste seiner Lände wegen das Leichte Maschinengewehr, kurz LMG, tragen.
Karl-Heinz Mitzschke