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Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht - 2015

Sehr verehrte Anwesende, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen von SPD und Linke, danke dass ihr heute hier steht.

 „Sie haben den Leib getötet“, sagte am 13. Juni 1919  Paul Levi, Anwalt und Geliebter Rosa Luxemburgs in seiner Totenrede,  „aber der Geist ist nicht tot geworden!

Der Geist ist nicht tot geworden, mit denen, die neben Rosa Luxemburg erschlagen wurden. Er ist nicht tot geworden mit dem Morde von Karl Liebknecht mit dem Tod des Leo Jogiches. Der Geist ist nicht gemordet worden durch die Schüsse, die heute noch herüberhallen aus München. Der Geist ist nicht tot geworden mit Leviné, der Geist wird nicht sterben, wenn wir alle im Grabe liegen werden. Der Geist, er lebt, er lebt heute mehr denn je.“

Ich verstehe, dass es viele Begehrlichkeiten weckt, den Geist solch einer Frau, solche einer Kämpferin zu vereinnahmen, so bei den Veranstaltungen derer, die sich Patriotische Europäer nennen, Rosa hätte nur Verachtung dafür übrig gehabt.

Sie, als polnische Jüdin  geboren in Lemberg,  aufgewachsen dort, aber seit ihrer politischen Zeit immer gegen die polnischen Nationalisten kämpfend,  wurde zu einer überzeugten Europäerin, wie Internationalistin, sie lebte in der Schweiz ebenso gut wie in Paris, Berlin oder eben Warschau, sie hätte die Worte gefunden PEGIDA anzuklagen.

Trotzdem entblöden sich einige nicht in diesen Reihen das Schild mit den Spruch zu erheben, der von ihr stammt und für die Toleranz, für die Freiheit und die Andersdenkenden plädiert.

Aber nicht nur diese missbrauchen ihr Gedankengut, nicht nur diese legten die begehrlichen Hände auf ihr Erbe, es geschah sehr oft. Trotzdem: Keiner kann sie allein beerben, keiner sie allein für sich beanspruchen, weder durfte dies die SED, noch dürfen es Sozialdemokraten, Sozialisten oder Kommunisten, dafür war ihr Leben zu reich zu vielgestaltig, dafür war ihr Unabhängigkeitswille zu groß.

Und so ist es müßig zu streiten, wem sie gehört, wenn überhaupt ein Mensch jemanden gehören kann, und es ist gut, dass wir hier seit Jahren gemeinsam stehen um zu bekunden wir wollen Rosas Erbe gemeinsam antreten.

Aber wer sich ihrer rühmt, wird auch an ihr gemessen. Eines war für Rosa von hoher Bedeutung: der Friede. Die Werte, für die sie stand- Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Menschlichkeit gedeihen nur im Frieden. Wer den Krieg unterstützt, das war für sie tiefste Überzeugung, verrät, diese Werte. Und als ihre Genossen dies taten, als sie zustimmten zum Ersten Weltenbrand, da gründete sie die KPD.

Haben wir alle dies verstanden?

Peter Struck wollte, dass die Interessen Deutschlands auch am Hindukusch verteidigt werden. Horst Köhler fabulierte davon, dass Deutschland seine wirtschaftlichen Interessen auch durch militärischen Einsatz sichern muss.

Lang ist die Liste der Länder in denen seit 1945 der Krieg wütete, Indochina, Pakistan, Korea, Algerien, Palästina, Vietnam, Tibet, Nanibia, Guatemala, Kuba, in der Schweinebucht, Angola, Mosambik, Afganistan, auf dessen armen Leib sich zuerst sogenannte Kommunisten und dann die ebenso fragwürdigen Demokraten versuchten.

Es ist nicht die Zeit all die Länder zu nennen, über die machtbesessene Politik, Hand in Hand mit dem Kapital, Unheil ausbreitete, Mütter, Väter, Kinder, zum Weinen brachte.         122 Kriege in 70 Jahren, in denen 25 Millionen Menschen starben!  Die entfesselte Marktwirtschaft braucht sie, diese rund um den Erdball einsetzbare Interventionsarmeen. Sie sind ein Teil der vitalen Lebensinteressen des Kapitalismus. Dafür sollen deutsche Soldaten weltweit agieren, ihr Leben einsetzen und Kinder ohne Väter aufwachsen.

Ich hoffe ihr versteht uns Linke, wenn wir sagen Krieg ist kein Mittel der Politik und ihr versteht unsere Rosa als sie in ihrer Rede  am 27. Mai 1913 im Felsenkeller Leipzig- Lindenau sagte:

Wenn in Afrika von den deutschen Militärs die Neger unterdrückt werden, wenn auf dem Balkan die Serben und Bulgaren die türkischen Soldaten und Bauern niedermorden, wenn in Kanada bei den Wahlen die konservative Partei plötzlich die Oberhand gewinnt und die liberale Herrschaft zertrümmert, in allen Fällen müssen sich die Arbeiterinnen und die Arbeiter sagen, um eure Sache handelt es sich, eure Interessen stehen dort auf dem Spiel.

Und weiter:

Bis vor kurzer Zeit gab es in der Sozialdemokratie ein ganz einfaches Mittel, um zu entscheiden, wie wir uns zu einem Kriege zu stellen haben. Der Angriffskrieg wurde abgelehnt und verdammt, dagegen müsse auch die Sozialdemokratie für den Verteidigungskrieg eintreten. Genosse Bebel, der so viel Ausgezeichnetes, manchmal aber auch, wie jeder Mensch, weniger Ausgezeichnetes gesagt hat, hat ja einmal im Reichstage erklärt, er wolle bei einem Verteidigungskriege trotz seiner alten Tage noch die Flinte auf den Buckel nehmen. Diese Weisung ist schon deshalb nicht brauchbar, weil die Unterscheidung zwischen Angriffs- und Verteidigungskrieg unter den Händen zerrinnt oder wie eine Seifenblase zerplatzt.

…wir als Proletarier haben uns gegen jeden Krieg zu wenden, gleichviel ob Angriffs- oder Verteidigungskrieg...

…solange das Kapital herrscht, werden Rüstungen und Krieg nicht aufhören. Die Rüstungen sind eine fatale Konsequenz der kapitalistischen Entwicklung, und dieser Weg führt in den Abgrund…“

So also ist Rosa zu verstehen. Und werden wir gemeinsam einen solchen Weg finden, der abbiegt, der eine neue Richtung sucht? Eine Richtung deren Wegweiser Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität heißen?

Einen Weg, den sie bei Marx fand, für den es Freiheit nur in der und durch die Gemeinschaft mit anderen Menschen gab, der postulierte, dass Freiheit sich nur im sozialen Prozess entfalten kann und der im Kommunistischen Manifest schrieb, dass, „die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.“  

Deshalb ist für Rosa Freiheit nur möglich unter Gleichen, für sie gab es keine Freiheit ohne Solidarität und auch dies müssen wir begreifen, all die, die auf der Schattenseite leben, die verjagt wurden aus dem Arbeitsleben, aus sicherer Existenz, aus ihrer Heimat, all diesen gilt unsere Solidarität, und hier lasst mich aus Goethes Faust zitieren, in Ilmenau darf man das tun: nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss.

Will heißen: Wir verdienen uns unsere Freiheit durch tätige, tägliche Menschlichkeit. Eine Welt getrennt in Arm und Reich, in Besitzer und Besitzlose, in Heimische und Heimatlose ist nicht frei.

Kann es uns gleichgültig lassen, wenn in Deutschland mehr als 1,6 Millionen Kinder, das heißt jedes sechste Kind von Hartz 4 lebt und 16,2 Millionen Menschen von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind? 

Wissen wir in Deutschland was Freiheit wirklich ist, oder beruhigen wir uns gegenseitig, dass wir reisen, reden, schreiben können ohne Einschränkung? Ist dies die Freiheit die Rosa meinte? Oder ging es ihr nicht vielmehr um die Räterepublik, in der jeder mitbestimmen, kann, in der Politik wie in der Arbeit?

Ein Stück dieses Weges sind wir gegangen, als wir gemeinsam dafür stritten, dass die Abfallwirtschaft in kommunaler Hand bleibt. Der Sieg war grandios, vor allem deshalb, weil Menschen über ihre Angelegenheiten diskutierten und darüber entscheiden wollten. Rosa hätte das gefallen.

Denn was rief Rosa Luxemburg am Silvestertag 1918 den Delegierten des KPD-Gründungsparteitags zu:

„Die Masse muss, indem sie Macht ausübt, lernen, Macht auszuüben. Es gibt kein anderes Mittel, ihr das beizubringen.“

Aus dem etwas sperrigen Parteideutsch des vergangenen Jahrhunderts zu uns herübergeholt bedeutet dies:

Man kann nicht darüber klagen, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Freiheit zur Beteiligung an Politik nicht nutzen, ihre Möglichkeiten nicht war nehmen, Appelle und Mahnungen nützen wenig.

Nein, es müssen Möglichkeiten geschaffen werden, in denen sie sich kommunalpolitisch engagieren können, dann werden diese auch genutzt.

Lassen wir uns daran messen, gehen wir weiter diesen Weg auch in Ilmenau, besonders in der Mitbeteiligung, in dem Recht auf Mitsprache von Bürgern, das ist sozialdemokratisch, das ist sozialistisch, das ist links, so wie Rosa es verstand.

 

Denn, Rosa verstehen heißt zu begreifen, dass diese Welt allen gehört, die Räume, wie die Ressourcen, wie das Recht über sie zu bestimmen, und dass man darum kämpfen muss. Gemeinsam, wenn es gilt ihr Erbe anzutreten. 

Dies wäre ein guter Schluss, aber ein Gedanke sitzt noch in mir, wie ein Stachel: Rosa lebte immer in Opposition zu den Mächtigen, sie legte sich nicht nur mit ihren deutschen Genossen an, ob Bernstein, Wilhelm Liebknecht, Karl Kautsky oder Victor Adler, gelegentlich auch Bebel, sie warf den Handschuh in den Ring gegen keinen geringeren als Lenin, und dies imponiert mir ungeheuer.

Sie sah voraus, was passiert, wenn sich einige dünken den Stein der Weisen zu besitzen, oder einer gar. Sie wusste, es ist nicht jedes Mittel recht, um einer Idee zum Siege zu verhelfen. In meinen Ohren klingt noch der Spruch: „es geht um die Sache!“ Nein Rosa ging es um Menschen und ihre Schicksale. Was das für uns bedeutet?

Die Weisheit der vielen Menschen ist unersetzlich und auch Rot-Rot-Grün haben sie in den Sattel gehoben. Hier nun Brecht, der sagte: leg den Finger auf jede Rechnung, denn du musst sie bezahlen, auch Rosa hätte dies unterschrieben!

 

Karl-Heinz Mitzschke

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